Zwei Frauen

 

Zwei Frauen trafen sich in einem unwirklichen Raum. Sie lasen sich, fanden Gefallen aneinander, da ihr
Geschriebenes deren Ansichten und Haltungen widerspiegelten.

 

Keine von ihnen wusste etwas vom Woher der anderen. Sie fühlten sich gleichen Alters zugehörig und ebenso in ihren gelebten Erfahrungen bestätigt.

 

So wuchs bei den beiden Frauen der Wunsch, sich in der realen Welt auszutauschen. Sie gingen viele Wege, um ans Ziel zu gelangen. Welche Freude, als es ihnen gelang.

 

Nun brach eine Zeit an, in der sie äußerst häufig den Gedankenaustausch suchten. Das Hindernis der großen Entfernung, denn die eine lebte im weiten Osten des Landes, die andere im tiefen Westen, wurde zu einer kleinen Wegstrecke.

 

Es wuchs ein Vertrauen zwischen ihnen, trotz ihrer durchaus erkennbaren Verschiedenheit.

 

Die aus dem tiefen Westen war ausgestattet mit einem Grundvertrauen jedem gegenüber, dabei wohl wissend, dass dies zu Enttäuschungen, Verletzungen führen wird.

 

Die aus dem weiten Osten war sehr vorsichtig, ja, gar misstrauisch gegenüber Allem und Jedem. Die schützt
sie vermeintlich vor Enttäuschungen, vor Verletzungen. Dabei aber ausblendend,dass ihre Gegenüber dies irgendwann gewahr werden.

 

Eines Tages nun war die aus dem tiefen Westen mit Ihrem Tageswerk sehr unzufrieden und bat der aus dem weiten Osten um Hilfe. Diese, hocherfreut, sicherte ohne Wenn und Aber Hilfe zu.

 

So sandte die aus dem tiefen Westen der anderen ihr, nach ihrer Meinung, schlechtes Tageswerk zu.

 

Kaum verging ein Tag, konnte die Hilfesuchende aus dem tiefe  Westen, voll freudiger Erwartung, den Brief
mit dem vermeintlich jetzt gelungenem Tageswerk öffnen.

 

Was sie aber sah, machte sie bestürzt, verletzte sie auf das Äußerste, stürzte sie in einen Abgrund, die aus dem tiefen Westen.

 

Ihr Tageswerk war einer schonungslosen Korrektur unterzogen worden, ohne jeglichen Ansatz einer Hilfe.

Die Hilfesuchende aus dem tiefen Westen hatte Tage mit ihrem Verletztsein, mit ihrer Bestürzung zu
kämpfen.

 

Nach diesen für sie schweren Tagen, machte sich die aus dem tiefen Westen nun selber ans Werk und vollendete es zu ihrer vollsten Zufriedenheit.

 

Ab diesem Tag nahm die aus dem tiefen Westen viele Zwischentöne wahr, die sie vor Tagen noch nicht hören
konnte und auch nicht wollte. Sie sprach mit Niemandem über ihre Zweifel, ihr entfachtes Misstrauen, auch nicht mit der aus dem weiten Osten.

 

Es blieb der aus dem weiten Osten nicht verborgen, die Zweifel und vor allem das Misstrauen der anderen.
Aber auch sie fand nicht den Mut, dies zu benennen. Sie erkannte nicht die Ursache des Anderssein der aus dem tiefen Westen. Die Gespräche der beiden Frauen waren nicht mehr frei, nicht mehr leicht, jede spürte eine immer stärker werdende Entfremdung.

 

In ihrer Ratlosigkeit forderte die aus dem weiten Osten nun ein vor langer Zeit gegebenes Wort zur
Hilfe ein. Sie bat die aus dem tiefen Westen ihrerseits um Hilfestellung.

 

Als dann die aus dem tiefen Westen das hilfsbedürftige Werk sah, sah sie nur die  vorgeschobene Hilflosigkeit.

 

Mit Zorn bekundete sie der aus dem weiten Osten ihre Wahrnehmung und ihren Unmut. Von der aus dem weiten Osten folgte eine Erwiderung, die fad klang in den Ohren der aus dem tiefen Westen. Auch nahm ihr Misstrauen derartig übermächrige Gestalt an, sie glaubte der aus dem weiten Osten von nun an nichts mehr.

 

So fand eine Begegnung aus einem unwirklichem Raum sein Ende in der Wirklichkeit.

 

Fazit.

 

Finde beizeiten klare Worte zur Benennung von Verletztsein und wenn diese nicht gehört werden, dann ziehe Dich umgehend zurück.

 

Misstrauen gegenüber Allem
und Jedem schützt mitnichten, es macht einsam.