Kriegsschauplatz Küchenstammtisch anno 2012

 

In schöner Regelmäßigkeit trafen sich der weißbärtige Winter, der beschwingte pinkfarbene Frühling, der sonnenschwere helle Sommer und der diesige graue Herbst zu ihrem turnusmäßigen Küchenstammtisch. Sie fanden sich dieses Mal in der Küche des Herbst an dessen Küchentisch ein.

 

Anlass war die feierliche Begehung des Regentschaftsendes der Friedenstage. Diese waren immer zwischen den Jahreszeiten, in deren Übergang, an der Macht. Abfällig und naserümpfend wurde von dem Stammtisch diese Periode als Friede-, Freude-, Eierkuchenzeit eingeordnet. Welch ein Gräuel war diese Zeit für die Stammtischbrüder!

 

Die Getränke standen wohltemperiert bereit. Der Winter labte seinen Durst mit schwerem dunklen Bier, der Frühling bevorzugte einen leichten Rosè, der Sommer schwor auf seinen Hefeweizen und der Herbst fand Gefallen an einem weißen Cabernet.

 

So versorgt begannen sie ihre Unterhaltung mit dem Aussuchen des Gegners aus den Reihen der Friedenstage, natürlich unter dem Aspekt der besten Kriegsgewinnaussicht.

 

Das Wort ging hin und her, bis sie sich letztendlich auf einen Friedenstag einig wurden.

 

Zugegeben, jeder Schluck, jedes Glas förderte deren Entscheidung und löste die Zungen. So verschaffte sich jeder der vier bier- und weinseligen Stammtischkrieger Raum, um seine eigenen Vorzüge herauszustreichen.

 

Der weißbärtige Winter ließ seine Intelligenz, sein Wissen brillieren.

 

Der beschwingte pinke Frühling strich seine Streiche, seinen Schabernack heraus, was er mit allen und jeden trieb.

 

Der sonnenschwere Sommer zeigte listig augenzwinkernd seinen Kumpanen seine Verwandlungsfähigkeit.

 

Der diesige graue Herbst betonte salbungsvoll, dass seine Fairness im Umgang, seine Menschlichkeit und sein absolutes selbstloses Eintreten gegen jedwede Ungerechtigkeit ohne Rücksicht auf eigene Beeinträchtigungen die Triebfedern seines Handels seien.

 

In ihre selbst herausgestrichen Werte derart verliebt, gingen sie nun den nächsten Schritt; der Friedenstag als Kriegsgegner war auserkoren, ein Stellvertreter (man weiß ja nie) ebenfalls gefunden.

 

Nun stand die Suche nach dem Anlass an, denn jeder der vier Stammtischkumpane wollte vor der Masse der Friedenstage sein wahres Begehr, seine Kriegslust, seine Gier nach Macht und Werte, verbergen.

 

Jeder weitere Schluck, jede nächste Flasche brachte sie zu neuen Einfällen. Schlussendlich einigten sie sich auf: Krieg den Schlössern, Friede den Hütten.

 

Jeder der vier Krieger hatten nun zu fortgeschrittener Stunde nach den vielen geöffneten Flaschen einen Pegel erreicht, der ihnen nur noch ermöglichte, den Kriegsbeginn zeitlich und örtlich zu besprechen.

 

Hier preschte der Herbst vor. In Anbetracht seiner Schuld, dem Sommer seinen letzten Krieg vermasselt zu haben, erklärte er sich bereit, den Anlass zu geben und umgehend zu beginnen.

 

Gesagt, getan. Der Krieg kann beginnen.

 

Fazit:

 

Wie hier im Kleinen geschildert, sind die Abläufe im Großen fast identisch.

 

Es findet sich eine Handvoll Krieger, die suchen sich zur Befriedigung ihrer Machtgier, ihres Neides auf den Reichtum der Friedenstage ihr Opfer. Geben sich ein hehres Motiv und schon ist alles für einen Krieg angerichtet.

 

Aber eben nur fast. Hier in dieser Geschichte, im Kleinen eben, müssen die Krieger die Drecksarbeit selber verrichten. So ein Pech aber auch. Sie, diese Handvoll Krieger, können hier, an diesem unwirklichen Ort, dafür keine manipulierten und mutierten Kriegerscharen aktivieren.

 

Im wahren Leben sehr wohl.