Gott und die Welt

oder

Eine Schöpfungslehre der Moderne

 

 

Ein Rufer fordert alle Menschen auf, zu protestieren, sich zu wehren gegen jedwede Unbill, jede Ungerechtigkeit auf der Welt. Um ein Zeichen zu setzen, waren die ersten vor dem deutschen Parlament aufgereiht. Na gut, es waren wohl der Stücker zwanzig, die sich dort zusammenfanden; der Startschuss war jedoch unüberhörbar.

 

Gott saß gerade bei seinem Five-o’clock-tea, war nach seinem rechtschaffenden Tag wohl eingenickt, als ein Bote ihn auf unbotmäßigem Lärm auf seiner, Gottes Erde aufmerksam machte. Es verwunderte keine Seele, wie Gottes NSA all sein Personal, all seine Geschöpfe minutiös überwachte. Ist es ihm doch eine Herzensaufgabe, auf seine ureigenste Schöpfung unablässig ein, sein, wachsames Auge zu richten.

 

Er weiß, nicht in allen Problemzonen ist es ihm gelungen, eine Welt zu schaffen, die allen eine Heimstatt geworden ist.

 

Er schuf Himmel und Erde und löste die Finsternis auf. Dieses Wechselspiel von Licht und Dunkelheit nannte er Tag und Nacht. Die triste Landschaft, die sich im Ablauf von Tag und Nacht ihm bot, animierte ihn, das Himmelsgewölbe, Wolken und Wasser zu formen. Nur was nützt es, sich in Einförmigkeit zu ergehen, wenn das Auge nichts findet, sich zu laben.

 

So trennte er das Land vom Wasser und stellte allen Ortes Pflanzen auf. Die gediehen alle prächtig, da Gott im nächsten Arbeitsschritt so pfiffig war, Sonne, Mond und Sterne zu basteln.

 

Gott hörte, wie der Wind ihm die Ohren pfiff, die Wellen an jedes Ufer schlugen, nur es war nicht zu übersehen, ins  Wasser  gehören Tiere und in die Luft Vögel. Welch ein Genuss bot sich nun  seinen Augen und Ohren!

 

Nach einer erholsamen Nacht, machte er sich daran, sein Werk zu vollenden, die Besiedelung des Landes. Es entstanden durch seiner Hände Arbeit und zu seiner Freude die mannigfaltigsten Geschöpfe.

 

Nun stand die Sonne im Zenit. Er sah das Rumgehüpfe im Wasser, zu Lande und in der Luft. Das Gezwitscher, Brüllen, Bellen und all derartiger Lärm gingen ihm langsam auf die Nerven. Er überlegte hin und her, wie er dem Chaos ein Ende setzen könnte und ihm kam die glorreiche Idee, dies ist eigentlich nur ihm selbst, Gott gegeben. Wie nur diese Arbeit bewältigen? Er kann ja nicht überall zur gleichen Zeit sein. Da kam ihm die zündende Idee. Nur Abbilder seiner selbst sind in der Lage, in sein Werk Ordnung zu bringen.

 

Nur wann sollte er mit der Schaffung seiner Abbilder beginnen? Er fühlte sich sehr erschöpft, hatte er ja mehr als fünf Tage hart gearbeitet. Er war einem Burn Out sehr nahe. Auch hatte die Sonne ihren Zenit an diesem sechsten Schöpfungstag kräftig überschritten.

 

Nach kurzem Überlegen fasste er den Entschluss, seine Arbeit zuende zu bringen, denn wie sagte er immer zu sich selbst: was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf morgen.

 

Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte schuf er sein Abbild und nannte ihn Mensch. Ein bisschen Eitelkeit spielte bei der Wortfindung schon eine Rolle, denn es können sich nicht alle Gott nennen. Wo käme man denn dahin, wenn seine Einmaligkeit nicht mehr gegeben ist.

 

Er arbeitete und arbeitete, formte und formte. Zudem stand ihm der nahende Sonnenuntergang im Rücken. Unter diesem Zeitdruck flutschte ihm da so manches durch die Finger. Jeder Nachgeborene konnte sehen, auch Gott ist nicht unfehlbar.

 

Ihm, Gott, fochten aber seine kleinen, na gut, hin und wieder war auch eine große dabei, Nachlässigkeiten nicht an. Er hatte seinen Anspruch, unbedingt heute noch fertig zu werden und dazu war er sich ganz sicher, vertraute seiner Weitsicht,  die Menschen werden auch seine Ausrutscher schon richten; es sind ja seine Abbilder.

 

Mit Hilfe der letzten Sonnenstrahlen beendete er sein Werk. Stolz warf er drauf seine Blicke und begann zufrieden, seinen Arbeitsplatz aufzuräumen. Endlich Feierabend und dazu noch Wochenende. Flugs erklärte er noch den kommenden Tag als arbeitsfrei und schlief diesem von ihm zum Sonntag erklärten erschöpft aber seelenruhig entgegen.

 

Gut ausgeschlafen guckte er nun einmal hie, einmal da, was sich auf seiner Welt so tat. Hin und wieder musste er zwar korrigierend eingreifen, nachjustieren sozusagen, anderes fand seine Anerkennung. Manchmal konnte man ein Schmunzeln unter seinem weißen Bart erkennen.

 

Am Abend des freien Tages übergab er seine Welt, sein Werk in die Hände seiner Abbilder, der Menschen, darauf vertrauend, ab morgen, der Montag ist ja ein Arbeitstag, beginnen die Menschen mit ihrer Arbeit.

 

Anerkennend sah er, arbeiten können die Menschen, na gut, manche müssen angetrieben oder gar gezwungen werden, nur er, Gott, wird sie niemals aus den Augen verlieren.

 

Arbeiten ist ihnen gegeben, protestieren können sie. Aber Mal sehen, wie die Menschen sich anstellen, wenn sie nur für Gottes Lohn helfen sollen.

 

Kontrolle muss schon sein.

 

Gott weiß, sein Lebtag wird er genug zu tun haben.