Hinterlassenschaften

 

 

Es geschah, nein, nein, nicht vor langen Jahren, sondern gerade am Vortag und nicht in einem fernen Lande, stattdessen irgendwo im Haus nebenan.

 

Da wurde einer Wohnungsinhaberin doch unpässlich und sie entleerte sich. Ein gar rein menschlicher Vorgang. Anstatt nun die herbeigeeilten Sorgenden sich nützlich machten, sich mit Eimer und Wischlappen bewaffnend diese doch wahrlich übelriechende Hinterlassenschaft zu beseitigen, traten sie diese breit. Ein immer bereit stehender Medicus wurde beiseitegeschoben, sodass die mit dieser Unpässlichkeit  malträtierte nicht geheilt werden konnte und sie in schöner Regelmäßigkeit sich ihres Mageninhaltes entledigte.

 

In ihrer Not wussten die sich Sorgenden keinen anderen Rat, als diese Hinterlassenschaften breitzutreten und, da sie dieser nicht Herr wurden, in benachbarte Behausungen zu verteilen. Zumal sie die Kranke nicht dazu bewegen  konnten, ihre Ess- und vor allem Trinkgewohnheiten endlich ihrem kranken Leib anzupassen.

 

Dazu brachen sie, die Sorgenvollen in ihrer Not, bei dem Nachbarn der Unpässlichen ein, richteten dort eine Verwüstung an. Damit die Urheber dieses Chaos nicht sogleich ausgemacht werden konnten, fügten sie in der Nachbarswohnung ihre eigenen Hinterlassenschaften hinzu.

 

Der Nachbar, nun doch von der angerichteten Verwüstung und übelriechenden Schmutzverteilung in seiner Wohnung nicht angetan, forderte die Sorgenden auf, ihre Hinterlassenschaften endlich zu beseitigen.

 

Aber nichts da. In ihrer vergnügten Faulheit, befeuert von den weiterhin Ekliges erahnenden Rülpsern der Kranken, forderten sie den in seiner nun zerlegten und verschmutzten Wohnung stehenden Nachbarn auf, dies doch gefälligst selber zu tun. Sie können wahrlich nichts dafür, wenn der unpässlichen Nachbarin eine menschliche und rechtschaffende Unpässlichkeit überkommt. Sie wären nur dazu geeignet, einer Kranken zur Seite zu stehen. Dies sei ihre Menschenpflicht und daher Berufung.

 

Die Moral von der Geschicht.

 

Erkenne umgehend die Krankheiten deiner Nachbarn. Bevorrate dich aus diesem Grunde vorsorglich mit landläufiger Medizin und habe im Notfall immer einen Medicus zur Hand. Ansonsten ergeht es dir wie diesem redlichen Nachbarn, der nun die übelriechenden Hinterlassenschaften derart Kranker und vor allem die der herbeigeeilten sorgenvollen Krankenpfleger beseitigen muss, will er nicht mit dem Schmutz anderer leben und sich sein Lebtag ekeln.