Gedanken beim Winterspaziergang

 

Bei meinem gestrigen Spaziergang durch den winterlichen Park, ging mir der Gedanke über das Bewegen im Internet im Allgemeinen und das in den Blogs und Foren im Speziellen nicht aus dem Sinn.

 

Anlass war der Vergleich, ein von mir sehr geschätzter Mensch schrieb ihn nieder, des Meinungsaustausches in den Blogs und Foren mit einer Sportveranstaltung. Zunächst gefiel mir dieser Vergleich, aber nach längerem Nachdenken kamen mir doch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit.

 

Bei einem Sportwettkampf gibt es immer Gewinner und Verlierer. Muss es beim Austausch von Meinungen dies sein, einer will gewinnen, andere werden zu Verlierern abgestempelt?

 

Als ich vor nunmehr fast drei Jahren den AW-Blog als Ort des Meinungsaustausches auch für mich entdeckte, gefiel es mir, welche Vielfalt, welche scheinbare Offenheit hier vorherrschte.

 

Im Laufe der darauffolgenden Wochen und Monate lernte ich zu unterscheiden. Einerseits die unwahrscheinliche Bereicherung für meine Gedankengänge und andererseits die Scheinheiligkeit in vorgetragener Freundschaft.

 

Ich lernte dabei viele Menschen kennen, die, zurückbetrachtet, zu wahren Freunden im Austausch wurden und aber auch diejenigen wenigen, die sich als Freunde einschlichen, um mich zu beherrschen und mir zu schaden.

 

Erstere möchte ich heute auf keinem Fall missen. Der mehr oder weniger regelmäßige Briefverkehr mit Menschen unterschiedlichster Berufe und vielfältigster Anschauungen, aus Orten, in die ich jemals nicht einen Fuß gesetzt hatte, bereicherten mein eigenes Denken und Tun. Auch bewahrten sie mich durch ihre Sicht der Dinge und Ereignisse, gefangen in meinen eigenen Gedanken, vor Trugschlüssen. Sie waren auch die ersten Zensoren meiner Geschichten. Ihre Hinweise und Hilfen nahm ich gerne an, da ich wusste, sie würden mir nicht schaden. Sie ließen jeden Gedanken aussprechen, um sich in aller Fairness damit auseinanderzusetzen. Daraus entstanden neue Gedanken, manchmal durch die eingebrachten anderen Sichtweisen eine Abkehr von der eigenen Position.

 

Die anderen Zeitgenossen sind eine Plage in den Blogs, denn sie betrachten diese als ihr alleiniges Zuhause. Jeder, der nicht ihrer Meinung ist, wird mit Hohn und Verachtung bekämpft. Sie machen auch vor Drohung und Erpressung nicht halt. Den übrigen bleibt nur die Wahl, den Blog zu verlassen, sich zurück zu ziehen oder diese Plagen mit ihren eigenen Waffen zu begegnen. Es sind rechthaberische, vom Leben benachteiligt fühlende Menschen, die niemanden neben sich dulden. Eine Plage eben.

 

Zu guter Letzt kommen die Gaffer, die Spanner und die Gleichgültigen.

 

Die Gaffer und Spanner warten auf jede Auseinandersetzung, um sich daran zu laben. Sie bringen keine eigenen Gedanken ein, dafür haben sie ja ihre Darsteller. Sie leben vom Wissen des Internets und bedienen sich allzu gerne dessen. Ja, sie sind auf dieses Wissen angewiesen, um in den Blogs existieren zu können.

 

Die Gleichgültigen beteiligen sich zwar inhaltlich, sind aber sehr bemüht, keinerlei Position zu beziehen; es könnte ja der Eindruck entstehen, sie hätten eine eigene Meinung.

 

Möge jeder für sich einschätzen, wo er sich zugehörig fühlt. Ich für mich weiß, welche Wanderungen ich gegangen bin. Und ich bin guten Mutes, sollte ich einen Irrweg beschreiten, werden mich neben meinen realen Freunde auch meine Handvoll Internetfreunde davor bewahren.

 

Für mich ist der Meinungsaustausch kein Sportwettkampf. Ich sehe mich nicht als Sieger, will es auch nicht sein, aber wehre mich vehement, von irgendwelchen selbsternannten alles an sich reißenden Tugendwächtern und Scheinheiligen, Plagen eben, zum Verlierer gemacht und abgestempelt zu werden.

 

Ein jeder suche und richte sich sein Internet-Zuhause ein. Ist er jedoch Gast, muss er sich als solcher benehmen. Ansonsten bleibt er früher oder später außen vor.