Wer steckt hinter "Alles dicht machen"?
Es gibt Verbindungen zu den Querdenkern
Noch immer beschäftigt die perfide Kunstaktion #allesdichtmachen die Öffentlichkeit. Prominente TV-Schauspieler protestierten gegen die Corona-Politik. Aber wer steckt wirklich dahinter?
ANDREAS BUSCHE HANNES SOLTAU JULIUS GEILER MATTHIAS DELL
Auch wenn es anfangs wie eine dezentrale Bewegung aussah: Die Sache hatte einen Kopf. Und sie war professionell geplant. Das ergibt eine Spurensuche, eine Woche danach. Dabei tauchen immer neue Unstimmigkeiten auf.
„Ich entschuldige mich nicht!“ Mit brauner Kappe und gestreiftem Shirt ist der Berliner Regisseur Dietrich Brüggemann per Video ins Fernsehstudio zugeschaltet und erklärt die Kunstaktion #allesdichtmachen. Die Clips seien „Parodien auf die Art der Kommunikation der Bundesregierung“. Weder könne er etwaige Missverständnisse nachvollziehen: „Es ist vollkommen klar, was wir meinen.“ Noch will er auf Nachfrage Fehler eingestehen. Schließlich sei es eine Gruppenaktion gewesen, darum wolle er nicht für den Rest sprechen. Doch so ganz stimmt das nicht. Wie vieles an seiner Version.
Am vergangenen Donnerstag um 18 Uhr ging die Internet-Aktion #allesdichtmachen online, eine als Satire verkappte Kritik an den Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung. 52 Schauspieler:innen hatten in hübsch ausgeleuchteten Altbauwohnungen Videos gefilmt, in denen sie ironisch bis polemisch die staatliche Corona-Politik kommentierten.
Die, die fanden, dass die verharmlosende Zuspitzung einer Krise, die inzwischen über 80 000 Deutschen das Leben gekostet hat, mit den Mitteln der Ironie „zynisch“ und „menschenverachtend“ sei. Die, die fanden, dass die Kritik der Kreativen an den inkonsequenten Corona-Maßnahmen ihre Berechtigung habe. Es gab auch Beifall aus der AfD und der Querdenker-Szene. Wie das in einer pluralistischen Gesellschaft eben so ist.
Diese Einschätzung der aktuellen Debattenkultur teilen die Akteure hinter #allesdichtmachen jedoch nicht. Sie fühlen sich mundtot gemacht von einer von Politik und Wissenschaft auf Linie gebrachten Medienöffentlichkeit. Als Beleg für diese Behauptung dient der „faschistoide Shitstorm“, der prompt auf die Videos folgte.
So beschrieb Dietrich Brüggemann die Reaktionen in einer pamphlethaften Tirade auf Twitter. Da war von einer ironischen Distanz plötzlich nichts mehr geblieben. Die auffällige Diskrepanz in der Tonalität von Video und Tweets legen die Vermutung nahe, dass Brüggemann mit der Kunstaktion sehr kalkuliert zwei unterschiedliche Öffentlichkeiten adressiert.
Richtige Argumente von "falscher Seite“
Die offiziöse, in Wortwahl und Haltung moderate Version findet sich auf der Webseite. Anstelle der Videos ist dort seit einigen Tagen ein Statement zu finden, das sich an einer rhetorisch höchst akrobatischen Übung versucht: zurückrudern und gleichzeitig in die Offensive gehen. Man verbitte sich, so die Verfasser:innen des Schreibens, in eine Ecke mit „Rechten, Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern“ gestellt zu werden.
Dass „die falsche Seite“ dieselben Argumente vorbringt, zeige allenfalls, „daß(sic!) der Diskurs in eine Schieflage geraten ist“. Es gehe um die Art, „wie Staat und Bürger interagieren“. Gleichzeitig wird in Robin-Hood-Manier betont, dass man im Namen der „Verängstigten, Verunsicherten und Eingeschüchterten“ spreche, „die verstummt sind”.
Nun ist die Kritik an der deutschen Corona-Politik keine Minderheitenmeinung. Die Maßnahmen werden quer durch die Medienlandschaft kritisch kommentiert. Einigen gehen sie nicht weit genug, andere sehen in ihnen eine Einschränkung demokratischer Grundrechte; weitgehend herrscht aber Konsens darin, dass Maßnahmen nötig sind, um die Pandemie unter Kontrolle zu kriegen und den Lockdown zu beenden.
Was also ist dann der Diskursraum, den Brüggemann mit der Aktion am liebsten „sprengen“ möchte, wie er am Samstag im Interview mit dem Sender N-TV martialisch erklärte?
Kleine Gruppe von Aktivisten mit undurchsichtiger Agenda
Brüggemann hat sich von den #allesdichtmachen-Initiatoren am deutlichsten zur Kritik an der Kampagne geäußert. Auch der Schauspieler Jan Josef Liefers gab sich als einer der Macher zu erkennen. Sein Auftritt in der Talkshow „3 nach 9“ am Freitag ließ keinen Zweifel, dass er weiter hinter der Aktion steht. Anders als „Tatort“-Kolleg:innen wie Ulrike Folkerts, Richy Müller, Martin Brambach und Meret Becker, die ihre Videos inzwischen zurückgezogen haben. Beziehungsweise vor einem „Shitstorm“ eingeknickt sind, wie auf der Website behauptet wird.
Auffällig ist die Zahl der TV-Kommissar:innen, die bei #allesdichtmachen dabei sind. Aber kein Zufall. Hinter der Kampagne stecken zwei gestandene „Tatort“-Regisseure, neben Brüggemann (drei Episoden) auch Thomas Bohn, der in seinem Portfolio 20 Episoden vorzuweisen hat, davon neun mit Ulrike Folkerts.
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Die Dichte an „Tatort“-Ermittlern lässt also weniger auf ein Querdenker-Problem bei den Öffentlich-Rechtlichen schließen. Es legt vielmehr den Verdacht nahe, dass Brüggemann und Bohn im erweiterten Bekanntenkreis Mitstreiter:innen rekrutierten. 14 Beteiligte haben in der Vergangenheit mit Brüggemann gearbeitet. Die als repräsentatives Statement aus der deutschen Fernsehöffentlichkeit angekündigte Kunstaktion entpuppt sich bei genauerem Hinsehen eher als die Kampagne einer kleinen Gruppe – mit undurchsichtiger Agenda.
Intransparenz von Allesdichtmachen
In „3 nach 9“ prangerte Liefers die „Intransparenz“ der Corona-Politik an. Da überrascht es, wie klandestin gleichzeitig die Strukturen hinter #allesdichtmachen sind. Laut Webseite zeichnet der Filmproduzent Bernd Katzmarczyk alias Bernd Wunder als Geschäftsführer verantwortlich. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Katzmarczyk über die Kontakte für solch eine Aktion verfügt.
Thomas Bohn behauptet im Interview mit der „Welt“, für die er auch als Autor tätig ist, er sei von einem „Regie-Kollegen“ angesprochen worden. Hierbei kann es sich nur um Brüggemann handeln. Weil ihm die Konzepte gefielen, habe Bohn selbst Schauspieler kontaktiert. Im Interview sagt er auch, dass er über die Beteiligung von Katzmarczyk nicht informiert gewesen sei.
Katzmarczyk ist im vergangenen Sommer mit Querdenker-Sprüchen aufgefallen, auf seinem inzwischen privaten Instagram-Account verglich er das Virus mit einer Grippe. Er sprach von „Panikmache“ und nannte Befürworter der Maßnahmen „Coronazis“. Mittlerweile behauptet er, sich von seinen früheren Aussagen zu distanzieren.
Kommentar:
Je mehr Tage NACH dem “Satireaufstand” der 53 vergehen, um so deutlicher kristallisiert sich heraus, dass diese Aktion penibel vorbereitet war. Diese Schauspieler hatten ja einen vertrauenswürdigen Ansprechpartner, regisseur Brüggemann,, der in die vorderste Linie gestellt wurde als Blickfang und Lockvogel. Und jeder der 53 ist auf ihn reingefallen. Der Mann im Hintergrund, der die Fäden zog, ist Katzmarczyk,
Wie erhellend war da der Auftritt des Brügemann bei Stern TV. Dieser Auftritt gipfelte in einer Alibiaktionen (Forderung von 500 € für das medizoinische Personal) und in Pamikmache gegen eine Triage. Wobei der Brüggemann gar nicht wusste, was das überhaupt ist.
So wollte man der schäbigen Aktion der 53 einen sozialen ethischen Touch verpassen. Pech der “Gestalter”, dass die wenigsten ihnen dies abnahmen.
Sogar die nachdenkseiten haben zu dieser Aktion eine sehr kritische Haltung eingenommen. “Jens Berger diskutiert … über die Kritik an der Protestaktion „#allesdichtmachen“. Sie instrumentalisiere die Pflegekräfte. Kritisiert wird vor allem die „Heuchelei“, weil die „moralinsauren selbsternannten Anwälte der Pflegekräfte“ sich ansonsten wenig oder gar nicht für die Situation in den deutschen Krankenhäusern interessieren. …”
Es ist zu hoffen, dass auch spätere Ereignisse dieses Kalibers als das eingstuft werden, was sie sind, verlogen und billige Werbung für Schauspieler.
Wanda Müller
P.S.
Eine Handvoll Bürger probte die Revolution . Nun ging dieser Aufstand nach hinten los.
Gründe für das Scheitern gibt es genug. Hier die 5 wichtigsten Gründe, warum Revolutionen in der Geschichte scheiterten:
- Kein Parkplatz gefunden
- Bus hielt nicht an geplanter Haltestelle
- Keine Toiletten vor Ort
- keine Maske auf
- scheiß Wetter