Nachdenk-Geschichte

 

Er, ich nenne ihn mal willkürlich Max, war seit einigen Jahren Vorsitzender des Betriebsrates eines mittleren Unternehmens. Dieses hatte in letzter Zeit durch eine gute Auftragslage enorm gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielt. Zur Bewältigung der vielen zusätzlichen Aufgaben wurden viele Leiharbeiter eingestellt, die sich auch bereitwillig zu notwendigen Sonderschichten meldeten, im Unterschied zu vielen festangestellten Mitarbeitern.

 

Die Geschäftsleitung stellte daraufhin eine größere Summe als Sonderzahlung für die
Mitarbeiter zur Verfügung und überließ die Entscheidung über die Verteilung dem Betriebsrat.

 

Nun beriet Max mit seinen Kollegen, wie man das Geld am Besten verteilen könnte. Wenn es gleichmäßig unter allen Mitarbeiternaufgeteilt würde, bekäme jeder eine Summe, die enttäuschend niedrig wäre.

 

Da kam die Meinung auf, man müsse doch nicht unbedingt die Leiharbeiter beteiligen, sie gehören doch schließlich gar nicht zum Unternehmen. Max, der sich selbst gern als sozial denkenden Menschen sah, wagte die Bemerkung, dass dieses doch dann aber vielleicht ziemlich ungerecht wäre.

 

Am Ende stimmten sie mehrheitlich ab, die Leiharbeiter leer ausgehen zu lassen. Ein gutes Argument dafür war, dass dann die festangestellten Kollegen fast die doppelte Summe als Sonderzahlung erhalten würden und alle fanden das in Ordnung.

 

Nur Max hatte dabei ein ungutes Gefühl. In der Öffentlichkeit und auch in Internetforen sprach er sich doch immer leidenschaftlich gern für soziale Gerechtigkeit aus und rügte mit scharfen Worten das unsoziale Verhalten der Unternehmer und Politiker. Auf anerkennende Worte seiner Mitforisten konnte er sich dabei immer verlassen. Und auf diese Art würde er dann auch in Zukunft weiter für Gerechtigkeit kämpfen, das schlechte Gewissen würde damit bestimmt schnell verschwinden.

 

Mit diesem beruhigenden Gefühl schlief er dann am Abend ein.

 

Und die Moral von der Geschicht`? ...die überlasse ich des Lesers Sicht.

 

Diese Geschichte ist zum Teil frei erfunden, könnte doch aber irgendwo in Deutschland so oder ähnlich tatsächlich passiert sein. Oder etwa nicht?